Schweden 2017 – “Into the wild” die erste

Reisen? …lange Zeit  war ich der Meinung, Reisen würde mir wenig bis nichts außer leerer Taschen bescheren und ich wolle und könne es mir eh nicht wirklich leisten. Vor gut zwei Jahren reiften die ersten gegenteiligen Gedanken. Reisen ist … und muss nicht teuer sein. Aus diesen Gedanken entsprang u.a. der Plan für die Reise durch Südschweden – zu dritt im PKW samt Zelt, günstig halt. Am Ende waren wir sogar zu viert und uns stand ein “California” VW Campingbus zur Verfügung – besser hätte es nicht kommen können. Vielen Dank für diese Leihgabe durch Susannes Papa! Hier möchte ich Euch nun ein wenig von dieser Reise, unseren Erfahrungen erzählen.

Inhaltsverzeichnis

Kein Plan, aber Tipps

Mit detaillierten Tagesabläufen oder der komplett untergliederten und detaillierten Route in Prosa möchte ich Euch hier gar nicht erst langweilen, da sollte die Karte samt Eindrücke in Bildern mehr als ausreichen. Bei Nachfragen/Interesse gehe ich jedoch gerne näher darauf ein.

Insgesamt waren wir Mitte Juli 2017 zehn Tage unterwegs. Die Mischung aus Strecke machen und Schweden in aller Ruhe erleben, ist uns schon recht gut gelungen. Wir hatten trotz intensiver Vorbereitungen bewusst nur einen sehr groben Plan von der Reise und die Idee im Kopf, nach Möglichkeit immer am Wasser und wild campend zu übernachten – das hat bis auf in einer Nacht auch immer funktioniert. Auf einem Campingplatz waren wir nicht ein einziges Mal, teilweise war die Suche nach einem Platz für die Übernachtung jedoch recht mühselig, da wir stets versuchten uns an die allgemein gültigen Spielregeln zu halten. Gegen offensichtliche Verbote verstießen wir nicht und nächtigten nicht in direkter Sichtweite von Wohnhäusern. Da Südschweden relativ dicht besiedelt ist, suchten wir teilweise auch mal etwas länger nach einem Platz.

TIPP: Hilfreich bei der Suche nach geeigneten Plätzen war die Nutzung einer laminierten Karte (Fleximap von Kunth) zur groben Orientierung, von Google Maps in der Satellitenansicht in Kombination mit Open Street Maps im Detail. Open Street Maps zeigte meist auch kleinere Wege und Pfade an, die Google Maps unterschlug. Die Satellitenansicht ermöglichte uns dafür meist schon vorher die Frage nach Häusern im Sichtbereich zu beantworten oder wenigstens grob abschätzen.  Wir trafen andere Camper die von einer ähnlichen Praxis erzählten – gängig also.

Immer am Wasser zu Campen trug wesentlich zum allgemeinen Wohlbefinden bei. Klar, wir waren im Urlaub, da fühlt man sich oft allein aufgrund der neuen Umgebung, der scheinbar endlosen Zeit, der Freiheit etc wohl. Die Aussicht aufs Wasser tat einfach gut, es entspannte ungemein oder es boten sich dadurch spannende Aktivitäten – vom Fotografieren bis bergziegenartig über die Uferfelsen zu hüpfen. “Wasser” hatte für uns auch den praktischen Vorteil meist morgens schwimmen zu können. So startete man mit einem herrlich frischen Gefühl in den Tag. Die Frische der arg kühlen Ostsee war allerdings ein wenig zu viel des Guten und tat schon fast weh. Die Seen dagegen waren allesamt noch angenehm warm. Praktisch daran war auch, dass es zum Wasser hin meist offen und damit windig war. Mit Mücken hatten wir von daher nur selten ein Problem. Die eine Nacht die wir nicht am Wasser verbrachten, war von den Mücken her auch der blanke Horror. Zwar herrschte im Bus und im Zelt dank recht diszipliniertem Verhalten (Tür abhängen und idR zu!) Ruhe vor den Insekten, allerdings wollte das Zelt – ja auch erst noch aufgebaut werden und dabei suchten sich winzigste Tierchen die ebenfalls winzigste Lücke durch die Vermummung um mich zu piesacken. Da sich das Zelt schnell aufbauen ließ, war die Qual überschaubar (trotzdem, Horror!). Meist schliefen meine Töchter Jule und Nike im Zelt, teilweise auch Susanne und ich – zweimal nächtigten wir allesamt zu viert im Bus. Der Aufwand die untere Liegefläche auszuklappen (Gepäckraum plus hintere Sitzbank) war jedoch höher als mal eben schnell das Zelt aufzubauen – es war einfach gut die Wahl zu haben. An dieser Stellen noch zwei Erkenntnisse…

TIPP: Auch wenn wir überraschend wenig Probleme mit Mücken hatten, sie lassen sich nicht schönreden. “Mygga” heißt ein Mittel, welches es in Schweden als Spray oder in Form eines Sticks (wie ein Deostick) gibt. (btw: das Ikea-Bett “Mygga” hat nichts damit zu tun.) Dieses Mittel soll wesentlich besser wirken als z.b. das bei uns erhältliche Autan. Entweder man bestellt es sich vor Reiseantritt über das Internet oder steuert in Schweden angekommen zeitnah eine Drogerie an. Wir hatten auch den Eindruck, dass es uns die Mücken allgemein recht ordentlich vom Leib hielt.

TIPP: Ist man mit einem Camper unterwegs und vermeidet es Campingplätze aufzusuchen, bekommt man an Friedhöfen/Kirchen nicht nur frisches Wasser zum auffüllen der Tanks, sondern auch saubere Toiletten. Zwar stellten selbst meine Töchter entgegen ursprünglicher Skepsis fest, dass ein Waldausflug mit dem Klappstaten sehr angenehm sein kann (hockt man sich nicht in einen Ameisenhaufen 😉 ), allerdings kommt man unterwegs eben auch immer wieder an stillen Örtchen, sprich Friedhöfen vorbei.

Zum erwähnten groben Plan gehörte auch, dass wir uns Zeit lassen und möglichst immer viel von dem Land sehen. So fuhren wir nach Navi auch fast grundsätzlich die kürzeste und nicht die schnellste Strecke. Das führte uns über viel kleine Wege an sehr muckelige Orte – niedliche kleine Dörfer wie aus Astrid Lindgrens Geschichten oder zu stattlichen alte Gutshäusern. Auch wenn Südschweden im Vergleich zu Norddeutschland keine komplett andere Welt ist, so wirkt es doch sehr gemütlich und heimelig – schon die niedrigeren Geschwindigkeitsbegrenzungen entschleunigen und fast egal auf wen man trifft, wird man immer mit einem freundlichen “Hej!” begrüßt – man fühlt sich direkt sehr wohl und nicht wirklich fremd.

Den Plan verfolgend, keinen Plan zu verfolgen, verbrachten wir bei und nach dem Frühstück oft noch ausgiebig Zeit an dem jeweiligen Ort – erkundeten die Umgebung, schwammen oder chillten jeder für sich oder zusammen … oder kamen auf dumme Ideen ;).

Dabei entwickelten wir dann auch oft gemeinsam eine Idee, wie es weiter geht, was wir als nächsten sehen oder anstellen wollten. Nur bei Regen verbrachten wir Zeit im Auto um Strecke zu machen oder größer einzukaufen.

Nationalparks – Flora und Fauna

Und wenn sich hinter all dem Ungeplanten doch ein Plan versteckte, dann der, Natur- und Nationalparks zu besuchenden. Die felsige Küste des Stenshuvud Nationalpark beeindruckte uns genauso, wie die Weiten des sehr tierreichen Store-Mosse Nationalparks – im letzteren bezog sich “tierreich” nicht nur auf die Mücken. Im und am Store-Mosse Nationalpark verbrachten wir insgesamt die meiste Zeit. Nachdem wir eine kostenlose englische Führung im Informationszentrum “Naturum” in Anspruch nahmen – in deutsch wäre zu einer anderen Zeit auch möglich gewesen – campierten wir im Nationalpark auf einem dafür ausgewiesenen Platz. Auch wenn dieser Nachtplatz nicht am Wasser lag, hatte er seinen ganz eigenen Reiz. So war von einem nahe gelegenen Aussichtsturm eine Ebene zu überblicken, auf der sich auch Elche aufhielten. Wenn auch weit entfernt, konnten wir dort einige beobachten, sogar ein Albino-Elch war darunter. Elche beobachteten wir auch außerhalb des Nationalparks, dank Susannes Aufmerksamkeit auf den Fahrten hielten wir mehrfach an und gingen auf die Pirsch – wir beobachteten den Elch, der Elch uns. Neben den Elchen sahen wir viele anmutige Kraniche oder im Süden Schwedens alle Nase lang über den Feldern kreisende Rotmilane. Im Süden des Store-Mosse Nationalparks beobachtete Susanne sogar einen Fischadler beim fischen. Eine größere Schlange, viele Echsen, die Fische am Wasser oder gewöhnliche Rehe, Raben/Krähen, bunte Schmetterlinge – Tiere gab es oft zu beobachten. Auch die Pflanzenwelt wusste zu beeindrucken. Der Süden des Store-Mosse Nationalparks, hielt auch wunderschöne Orchideen für uns bereit – massig leckeren Heidel- und Maulbeere säumten eigentlich immer die Waldwege. Wir waren nach Schweden gereist um Natur näher und ursprünglicher zu erleben und selbst wenn wir nur im Süden unterwegs waren, trafen wir auf diese Natur.

Städte und andere Sehenswürdigkeiten

Unterwegs zwischen den Nationalparks, hielten wir auch in verschiedenen Städten oder anderen Sehenswürdigkeiten. Mal abgesehen von den Einkaufsstopps, schauten wir uns das malerische Hafenstädtchen Simrishamn an und besichtigten das Schloss in Kalmar. Im Park nahe des kalmarer Schlosses wurden wir Zeugen von öffentlichem Massensport und ließen uns beim schwedischen “Medizin nach Noten” fast geschlossen mitreißen (Beweisvideos sind gesichert). Auch den traditionellen Marinestützpunkt Karlskrona besuchten wir. Karlskrona ist auf über 30 Inseln errichtet, was das malerische Stadtbild maßgeblich prägt – und ganz nebenbei: “Die Stadt wird im neunten Kapitel des Romans Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen von Selma Lagerlöf beschrieben.” (Wikipedia). Die Statue von Nils Holgersson besuchte wir neben dem Wohnungseingang von Pettersson F(indus) gleich mit.

Den Abschluss unseres Karlskronabesuchs und  auch der gesamten Reise – es war der letzte Abend – feierten wir mit einem Essen in der Pizzaria Sorrento. Pizza wie Nudeln waren extrem lecker und zudem noch wirklich günstig (ein Dank an Susanne für die Einladung!). Neben den vielen Kirchen, die wir zum Wasser holen und lassen aufsuchten, gehörte das Nydala Kloster zu den besuchten Sehenswürdigkeiten. Wie fast immer gab es neben Informationen in der Landessprache, in englisch wie auch in deutsch – meist in Audio- und Papierform. Der Cafe-Besuch nach dem Kloster (Nydala Café & Restaurang), war ein weiteres ungeplantes Highlight. Nicht nur das Kaffee und Schokokuchen (“Kladdkaka”) verboten lecker waren, auch die ansonsten rein schwedische Gesellschaft in der heimeligen Atmosphäre des kleinen Landhauses vermittelte ohne groß Kontakt zu haben wärme an dem ansonsten eher grau verregneten Tag.

Geld

Größere Städte wie Karlskrona oder Kristianstad ermöglichten es auch in speziellen Wechselstuben Bargeld wechseln zu können, z.b. bei Forex – die Möglichkeit bestand in einer normalen Bank in Simrishamn entgegen meiner naiven Erwartungen nicht. Zwar kann man so gut wie überall mit Kreditkarte zahlen, “nur Bares ist Wahres” und den Kindern jedoch ein paar Kronen als Taschengeld in die Hand kann nicht schaden. Und wenn ich schon einmal dabei bin: die Lebensmittel und Kraftstoffpreise entsprechen ungefähr denen in  Deutschland – die Mühe ein Verhältnis auszurechnen schien nicht lohnenswert. Neben den Kosten für die Lebensmittel und Sprit fielen noch 2x pro Strecke Brücken-Mautgebühren an (Storebælt Brücke und Öresundbrücke).

Diese belaufen sich auch ungefähr auf die Kosten, die bei einer vergleichbaren Fährüberfahrt aufkommen würden. Aus Gründen der Flexibilität nutzen wir auch auf Hin- und Rückweg den “Landweg” und nicht die Fähren – da wir uns beim Fahren regelmäßig abwechselten, war diese von der Belastung her auch kein Problem. Ist man der einzige Fahrer oder will ggf gleich weiter nördlich in Schweden seine Tour starten, kann eine Pause auf der Fähre sicher ganz sinnvoll sein.

Fotografie

Last but not least – Fototechnisch sollte auf dieser Reise auch so einiges passieren. Leider erreichte mich das eigentlich zeitnah bestellte Weitwinkelobjektiv vor der Reise nicht mehr – auch auf Grund des G20 Gipfels in Hamburg. So lieh ich mir teilweise das Kit-Objektiv meiner Töchter (XC16-50mm), wenn es mir sinnvoll erschien oder sie es nicht gerade selbst in Gebrauch hatten. Hier und das wäre für die Bilder ein Verlaufsfilter sicher hilfreich gewesen. Neben ein paar Situationen in denen ich sehr ausgiebig der Fotografie widmete – wie zb nahe Brömsebro an der unheimlich vogelreichen Küste , wo sich das 100-400mm Objektiv und Stativ auszahlten – genoss ich die Natur oft einmal mehr einfach so. Die Kamera zwar stets griffbereit – meist die kleine X-M1 samt XF27mm (Pancake), jedoch mehr für Schnappschüsse als für fein ausbaldowerte Landschafts- und Naturbilder – dennoch sind eine ganze Menge Bilder dabei herausgekommen. Hier und da kam auch das Helios 44-2 samt Lensturbo2 zum Einsatz, gerade bei Aufnahmen kleiner Tiere oder Pflanzen.

Ohrwurm

Neben all dem Beschriebenen gehört für mich etwas weiteres fest zu diesem herrlich entspannten Urlaub – ein Ohrwurm – “Limo Wreck” – von Soundgarden. Zu einer der schönsten Situationen hörte ich in Schweden diesen Song, das Album, nachdem er mich schon Tage im Kopf wieder und wieder abspielend begleitete. Vor erreichen der Store-Mosse Nationalpark hatten wir einen traumhaften versteckten Nachtplatz auf der Insel Bolmsö gefunden. Zelt und Hängematte waren aufgebaut, das Dach des Busses ausgefahren, Susanne genoss die Abendsonne und den Blick auf den See, Jule und Nike tobten sich recht kreativ mit ihren Kameras aus (ansonsten nicht so oft, aber das war auch ok!) und ich stand im offenen Bus und kochte mit Chris Cronells Stimme im Ohr das Abendessen. Alle zufrieden und entspannt, super wetter, ein Nachtplatz wie er im Buch steht, lecker Essen kochend. Nudel mit Lachs Sahnesoße gibt es auch hier zuhause immer mal wieder, schmeckte dort am See in Schweden jedoch ganz besonders gut.

Benehmt Euch 😉

Im großen und ganzen ist nun zu unserer Reise alles erzählt. Dennoch – ein paar letzte Worte noch zu unseren Nachtplätzen. In der Vorbereitung auf diesen Urlaub las ich viel, suchte nach Informationen wo und wie man wild Campen kann und fand relativ wenig konkretes. Ich wunderte mich zunächst, denke mittlerweile jedoch, dass es so gut war und ist. Man darf mit dem Zelt außerhalb der Sichtweite von Häusern fast überall wild campen, mit einem Gefährt hat man auf befestigten Wegen zu bleiben. Auf vielen Parkplätzen wird extra darauf hingewiesen, dass campieren verboten ist. Wissendlich haben wir auch nicht gegen diese Regeln verstoßen. Hier und da, hatten wir jedoch den Eindruck, dass die frei zugänglichen Plätze auf denen wir Nachts standen, mehr oder weniger privates Geländen waren. Wenn wir dann dort auf Anwohner trafen, waren uns diese dennoch freundlich gesinnt. Damit diese Campern auch weiterhin freundlich gesinnt sind, hinterlasst keinen Müll, nutzt einen Klappspaten um Eure Notdurft zu verscharren, verhaltet Euch ordentlich! Auch deshalb, habe ich diese Orte nur ungefähr auf der Karte markiert, damit besagte Geheimtipps geheim bleiben. Seid neugierig, lasst dem Entdeckertrieb in Euch freien Lauf, seid hartnäckig und gebt Euch für die Suche nach einem ruhigen Plätzchen am Wasser etwas Zeit, dann klappt das schon und ihr werdet mit bilderbuchmäßigen Ausblicken zum Aufstehen belohnt. Nach ein paar Tagen entwickelt man schon beim Blick auf Karten und Apps ein Händchen dafür was geht und was nicht. Und – je weiter man nach Norden vordringt, je einfach scheint es zu werden – auch wenn wir nicht wirklich weit im Norden waren, hat es sich vor dem Blick auf die gesamte Schwedenkarte schon ein wenig nach Norden für uns angefühlt.

´s ist nur ein Bruchteil dessen…

…und zu allerletzt: so wie ich jetzt alles Revue passieren lasse, meine zahlreichen Notizen durchblätter und lese, gäbe es noch viele weitere Kleinigkeiten zu erzählen. Falls es Euch interessiert, fahrt selber in der Art nach Schweden, seid einfach so ungeplant und abenteuerlustig unterwegs wie möglich. Bei uns waren es “nur” zehn Tage, es war “nur” der Süden Schwedens und dennoch war es schon ein ganz besonderes und unvergessliches Erlebnis – sicher auch auf Grund der wundervollen Menschen mit denen ich dies erleben durfte – Jule, Nike und Susanne – Dank Euch!

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